Zu mehr Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit nach der DIN 17643 (ValERI) – Hintergründe, Betroffene und Umsetzung

Nicht nur der Klimawandel an sich, sondern zunehmend auch grundsätzlich nachhaltiges Handeln rücken die Energieeffizienz von Unternehmen immer stärker in den Fokus. Damit lohnt es sich nicht nur für die Umwelt, sondern vor allem auch für die Wirtschaftlichkeit eines Betriebs, in Energieeffizienzmaßnahmen zu investieren. In Erwartung einer Energiekrise hatte die Bundesregierung im Herbst 2022 die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) mit Energieeffizienzstandards für Unternehmen verabschiedet. Deshalb sind Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen von entscheidender Bedeutung, um den steigenden Energiebedarf zu decken, Ressourcen zu schonen und die Energiewende voranzutreiben. 

Um Maßnahmen wirtschaftlich valide bewerten zu können, bedarf es allerdings einer einheitlichen Systematik, die bisher nicht existierte. Dies ändert sich nun mit der DIN EN 17463 (ValERI, engl: Valuation of Energy Telated Investments), die sowohl eine einheitliche als auch transparente Methode zur Bewertung der Investitionen bietet. Dabei ist diese Norm nicht nur für große Unternehmen relevant, sondern bietet auch Anreize für stromintensive Betriebe, KMUs und Unternehmen mit hohem Brennstoffverbrauch.


Energieeffizienz im Fokus: Ziele und Hintergründe der EnSimiMaV und ValERI 

Als Reaktion auf die drohende Energiekrise im Jahr 2022 verabschiedete die Bundesregierung ein Energiesicherungspaket, welches verschiedene Maßnahmen zu Reduktion des Gasverbrauchs und zur Vermeidung eine Mangellage enthielt. Ein Baustein bildete dabei die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV), welche im Oktober 2022 in Kraft trat und für den Zeitraum bis 30.09.2024 gültig ist. Ziel ist es, mehr Energieeinsparungsprojekte in Unternehmen zu initiieren und Aktionspläne, die in einem Energiemanagementsystem identifiziert wurden, valide bewerten zu können. Ein positiver Nebeneffekt ist dabei, dass die Energiewende automatisch vorangetrieben wird. Neben der Einsparung von Gas sind auch Maßnahmen vorgesehen, die den Stromverbrauch senken. Die EnSimiMaV betrifft Unternehmen mit einem Energieverbrauch von über 10 GWh pro Jahr, die nach dem Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) zur Erstellung von Energieaudits verpflichtet sind. Diese Unternehmen müssen dabei alle wirtschaftlich durchführbaren Effizienzmaßnahmen, wie im Energiemanagementsystem oder Audit identifiziert wurden, innerhalb von 18 Monaten umsetzen und werden dann nochmals geprüft. 

Bisher war die Erstellung solcher Investitionspläne uneinheitlich geregelt, wodurch Kalkulationen unvollständig oder nicht vergleichbar waren. Dies ändert sich durch die DIN EN 17463 - Bewertung von energiebezogenen Investitionen (ValERI), welche klare Anweisungen zur Umsetzung dieser Maßnahmen gibt. ValERI ist außerdem für viele Unternehmen relevant, die eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vornehmen müssen und wurde inzwischen in verschiedene Gesetze und Verordnungen integriert.


Für welche Unternehmen ist die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach DIN EN 17463 (ValERI) verpflichtend? 

Um Unternehmen dazu zu verpflichten, energiebezogene Investitionen zu bewerten und wirtschaftlich durchführbare Maßnahmen umzusetzen, wurde die Methode nach der DIN EN 17463 (ValERI) in folgende Gesetze und Verordnungen eingebettet:

Diese Gesetze und Verordnungen sind nicht nur für Unternehmen mit einem Verbrauch über 10 GWh/a relevant, wie im EnSimiMaV, sondern auch für KMU und andere Betriebe. Hier eine Übersicht:

Unternehmensart Gesetzliche Grundlage
Verpflichtend oder freiwillig?
Unternehmen mit besonders hohem Brennstoffverbrauch
nach der Liste der 
Carbon-Leakage-Risiko-Sektoren
BECV (Carbon-Leakage-Verordnung) AUF ANTRAG
  • Ausgleich für die auf den Energiepreis umgewälzten Kosten der Treibhausgasemission
  • Für Beihilfe ökologische Gegenleistungen erforderlich
  • Antragsstellung bis 30.06. eines Jahres für Folgejahr
Stromintensive Unternehmen mit > 1 GWh
nach der 
Liste antragsberechtigter Branchen aus dem Energiefinanzierungsgesetz (EnFG)
Energiefinanzierungs-gesetz (EnFG) AUF ANTRAG
  • Ökologische Gegenleistung nach der besonderen Ausgleichsregelung (BesAR)
  • Nachweisführung durch Energiemanagementsystem
  • Antragsstellung bis 30.06. eines Jahres für Folgejahr
Nicht-KMU
Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G – §8a) VERPFLICHTEND
Unternehmen mit Energieverbrauch von > 10 GWh/a
Mittelfristenenergiever-sorgungsmaßnahmenverordnung (EnSimiMaV) VERPFLICHTEND
KMU
Energiesteuergesetz
(EnergieStG - §55)

 Stromsteuergesetz
(StromSTG - §10)
ANTRAG auf Gewährung des Spitzenausgleichs


Probleme mit bisherigen Methoden zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen und Vorteile der DIN EN 17463 (ValERI) 

Herkömmlichen Methoden zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen, wie Amortisation, interne Verzinsung oder der Kapitalwert haben sich in der Vergangenheit immer wieder bewährt, haben allerdings ihre Begrenzungen. So berücksichtigt die Amortisation nicht die Erträge, die außerhalb des Amortisationszeitraums generiert werden und man kann nicht bewerten, wie vorteilhaft eine Investition für das Unternehmen tatsächlich ist. 

Mithilfe der internen Verzinsung bzw. dem internen Zinsfuß lassen sich mehrere Investitionsprojekte lediglich gegenüberstellen, wenn die Dauer, die Anschaffungskosten und der Zeitpunkt der Zahlungsströme identisch sind. 

Die Ermittlung des Kapitalwerts ist zwar ein eindeutiges Verfahren, das nur einen Entscheidungsfaktor einsetzt (ähnlich wie die DIN EN 17463), allerdings wird hier vorausgesetzt, dass Einsparungen über den gesamten Betrachtungszeitraum konstant bleiben. Einige relevante Faktoren wie Preissteigerungsraten und Risiken werden also nicht berücksichtigt. 

Aus diesem Grund bietet die DIN EN 17463 (ValERI) mit ihrem ganzheitlichen Ansatz und der Berücksichtigung verschiedener Szenarien eine wertvolle Alternative, um Investitionen genauer zu bewerten und die komplexen Aspekte der Wirtschaftlichkeit umfassend zu berücksichtigen. Dies ermöglicht Unternehmen eine fundiertere Grundlage für ihre Entscheidungsfindung im Bereich der Energieeffizienz und trägt dazu bei, langfristige Vorteile und Nachhaltigkeit besser einzuschätzen. Dabei ist die Methode sehr benutzerfreundlich, übersichtlich und flexibel auf den Anwender zuschneidbar. Preissteigerungsraten und Risiken werden berücksichtigt und Best- und Worst-Case-Szenarien sowie Parameter mit bedeutender Unsicherheit werden in die Analyse mit einbezogen.

Wie funktioniert die Wirtschaftlichkeitsberechnung nach DIN EN 1763 (VALERI) nun genau?

Vor der eigentlichen Analyse steht bei ValERI die Modellerstellung (1). Hier werden alle Nutzen- und Lastenfaktoren identifiziert und nach Möglichkeit quantifiziert. Ist eine Quantifizierung nicht möglich, werden die qualitativen Effekte beschrieben und fließen später in die Interpretation der Ergebnisse ein. Sind Nutzen und Lasten nicht monetär quantifizierbar, werden die nicht-finanziellen Effekte beschrieben. Auch das Risiko der Investition findet in diesem Schritt Berücksichtigung. Die Laufzeit der Investition wird entsprechend der Abschreibungstabellen für allgemein verwendbare Anlagegüter (AfA-Tabellen) festgelegt. 

Erst dann erfolgt die eigentliche Analyse (2). Neben der Berechnung des Kapitalwertes für das wahrscheinlichste Szenario werden auch mögliche Schwankungen erfasst. Hierzu wird sowohl eine Best-Case- als auch einer Worst-Case-Analyse durchgeführt, in der jeweils alle Einstellungsparameter gleichzeitig variiert werden. Die freiwillig zu erstellende Sensitivitätsanalyse betrachtet darüber hinaus Parameter mit bedeutender Unsicherheit einzeln und zeigt diejenigen Faktoren an, die die stärkste Wirkung auf den Kapitalwert haben können. Dies kann für die spätere Entscheidung, ob eine Investition getätigt wird oder nicht, von Bedeutung sein. 

Im dritten Schritt erfolgt die Interpretation der Ergebnisse (3), für die die Kapitalwerte des Worst-Case-Szenario entscheidend sind. Liegen diese über 0, so hat die Investition einen positiven Effekt und wäre entsprechend zu empfehlen. Hierbei ist zu beachten, dass ein negativer Wert nicht automatisch zu einer Ablehnung führt. Genau hier kommen die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse ins Spiel, in der einzelne Faktoren genauer betrachtet wurden und deren Auswirkungen nun bewertet werden. 

Am Ende wird der Bericht verfasst (4), welcher eine umfassende Übersicht über die Quantifizierung, Monetarisierung und qualitative Beschreibung der Nutzen und Lasten, die Berechnungstabellen für die verschiedene Szenarien sowie eine Beschreibung nicht quantifizierbarer Effekte und schließlich einen Vorschlag für die Entscheidung umfasst.

Prozess der Wirtschaftlichkeitsberechnung einer Investition in Energieeffizienz-Maßnahmen nach ValERI

1. Modellerstellung

  • Identifikation aller Nutzen und Lasten (N&L)
  • Quantifizierung N&L
  • Monetarisierung N&L: Zahlungsströme inkl. Preissteigerung etc. abschätzen
  • N&L monetär nicht quantifizierbar: Beschreibung der Effekte
  • Festlegung der Laufzeit (AfA-Tabellen)
  • Bestimmung des Kalkulationszinssatzes

2. Analyse

  • Berechnung des Kapitalwertes (für wahrscheinlichstes Szenario)
  • Schwankungen werden durch Best- und Worst-Case-Szenario-Analyse erfasst
  • Freiwillig: Sensitivitätsanalyse

3. Bewertung

  • Interpretation der Analyse-Ergebnisse
  • Wort-Case-Szenario ausschlaggebend

4. Report

  • Übersicht über Quantifizierung, Monetarisierung und qualitative Beschreibung aller N&L
  • Berechnungstabelle für alle Szenarien
  • Beschreibung nicht quantifizierbarer Effekte und deren Auswirkungen
  • Vorschlag für eine Entscheidung

Insgesamt bietet ValERI eine transparente und fundierte Methode zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen im Energieeffizienzbereich, wodurch Unternehmen in der Lage sind, effektivere Entscheidungen zur Verbesserung ihrer Energieeffizienz zu treffen und gleichzeitig den Anforderungen verschiedener Gesetze und Verordnungen gerecht zu werden. 

Bleiben Sie wissbegierig!