Ishikawa-Diagramm – Probleme hinterfragen, Ursachen erkennen

Vor allem im Qualitätsmanagement scheint es fast normal zu sein, dass immer wieder Situationen auftreten, in denen Probleme zu Tage treten, deren Ursachen am Anfang völlig im Unklaren liegen. Gerade in einer solchen Gemengelage ist die Identifikation der tatsächlichen Gründe ein wichtiger Schritt im Problemlösungsprozess. Sind die richtigen Ursachen identifiziert, ist ihre Beseitigung dann meistens nur noch eine Frage der entsprechend darauf ausgerichteten Planung. Ein probates Mittel zur Ursachenermittlung stellt hier das Ishikawa-Diagramm dar. Es ist Bestandteil der sieben Qualitätswerkzeuge (Q7), soll die Visualisierung von Problemen erleichtern und damit eine bessere sowie effektivere Lösungsfindung unterstützen. Das Ishikawa-Diagramm kommt oft im Anschluss an eine Pareto-Analyse zum Einsatz, mit der die Hauptprobleme vorab ermittelt worden sind. 

Ursprünglich in den 1940er-Jahren vom Japaner Kaoru Ishikawa für das Qualitätsmanagement entwickelt, findet das nach ihm benannte Diagramm heute auch in vielen anderen Bereichen branchenübergreifend Anwendung. Es versucht, jenseits offensichtlicher Lösungen tiefer gehende Alternativlösungen aufzudecken und ist daher für die nachhaltige Problembehebung auf vielen Gebieten geeignet. Das Ishikawa-Diagramm ist auch unter den Bezeichnungen Ursache-Wirkungs-Diagramm bzw. Cause and Effect Diagram bekannt. Da es in der Darstellung für den Betrachter an die Gräten eines Fisches erinnert, wird es auch Fischgrät-Diagramm / Fischgräten-Diagramm bzw. Fishbone Diagram genannt. 


Aufbau eines Ishikawa-Diagramms

Das Ishikawa-Diagramm dient der Visualisierung komplexer Strukturen auf Basis einer systematischen und vollständigen Ermittlung von potenziellen Problemursachen. Diese Ursachen haben einen mehr oder weniger großen Einfluss auf ein bereits bestehendes Problem. 
Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge werden im Diagramm mit horizontalen und diagonalen Pfeilen dargestellt, die im Gesamtbild dann das Muster einer Fischgräte ergeben. Jede Ursachen-Kategorie – sprich jeder potentielle Ausbruchsherd – stellt sich als eine Gräte dar, die auf das horizontal ausgerichtete Rückgrat zuläuft. An den entsprechend nach Ursachen-Kategorien beschrifteten Gräten werden die Ursachen und ggf. Nebenursachen abgetragen. 

Im Ursprung sprach man von vier Ursachen-Kategorien (4M), 

Material:
Wie qualitativ hochwertig bzw. fehleranfällig sind bspw. Werkstücke, Roh-, Hilfs- und Schmierstoffe, Zulieferteile? 

Maschine:
Wie geeignet sind Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitsmittel, Messeinrichtungen, Instandhaltungsregime usw.? 

Methode:
Wie beeinflussen Arbeitsabläufe, Dienstanweisungen, Kontrollverfahren und weitere definierte Strukturen das Ergebnis? 

Mensch:
Welche individuellen persönlichen Erfahrungen, Kenntnisse, Qualifikationen, Einstellungen usw. haben Einfluss auf das Ergebnis? 

Das klassische 4M-Schema wurde um weitere Faktoren ergänzt, die situativ zur Anwendung kommen: 

Mitwelt - 5M:
Welche Rolle spielen Kundenverhalten, gesetzliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen, Wettbewerber oder auch Umwelteinflüsse für die Erreichung des Ergebnisses? 

Management – 6M:
Sorgen Vision, Mission, Unternehmensprinzipien, operative und strategische Entscheidungen für eine klare Richtung und einen klaren Unternehmensablauf? 

Messung – 7M:
Sind die Messverfahren für Leistungserhebung und Ergebnisbewertung richtig sowie geeignet? 

Money – 8M:
Werden die finanziellen Mittel an der richtigen Stelle mit dem optimalen Maß eingesetzt?

Erstellung des Ishikawa-Diagramms

Die Erstellung eines Ishikawa-Diagramms orientiert sich an fünf Schritten, die als Gruppenarbeit durchgeführt werden sollten. Brainstorming im klassischen Sinne hat sich als geeignete Kreativtechnik für diese Methode herauskristallisiert. Jeder einer solchen Gruppe sollte seine Gedanken zur Fehler- bzw. Problemursache ausführen: 

1. Diagramm vorbereiten
Die Fischgräte wird skizziert und an jeder Gräte wird eine Hauptkategorie (4M bis 8M) für mögliche Ursachen notiert. Das zu lösende Problem ist am Ende des Rückgrats im Kopf des Fisches hinterlegt. 

2. Ursachen sammeln

Dann werden in einer freien Diskussions- oder Brainstormingrunde mögliche Ursachen gesammelt und den Hauptkategorien an den einzelnen Gräten zugeordnet. Um einen gewissen Grad an Übersichtlichkeit sicherzustellen ist die Untergliederung in Haupt- und Nebenursachen sinnvoll. Ziel ist es an dieser Stelle auch versteckte Problemursachen zu finden, was das ständige Hinterfragen der gefundenen Ursachen erfordert. „Warum?-Fragen“ machen das tiefe Durchdringen des Problems möglich. 

3. Vollständigkeit prüfen
Um im Ergebnis Fehlinterpretationen zu vermeiden, sollten alle Kategorien abschließend überprüft werden. Dabei sei jedoch immer der Gedanke zugelassen, dass das Finden aller möglichen Ursachen wohl ausgeschlossen ist. 

4. Ursachen bewerten und auswählen
Im nächsten Schritt werden aus den zuvor gesammelten Ursachen die wahrscheinlichsten ausgewählt. Wenn sehr viele potentielle Ursachen gefunden worden waren, ist an dieser Stelle Vorsicht geboten: Es besteht die Gefahr zu sehr in die Kleinteiligkeit abzudriften und den Fokus aus den Augen zu verlieren. Es ist hier oftmals angezeigt bspw. über eine Bepunktung der Ursachen durch die einzelnen Beteiligten eine Grundlage zu schaffen, die der weiteren Diskussion und Eingrenzung dient. Im Ergebnis soll dieser Schritt die Hauptursache des Problems identifizieren – wobei in Ausnahmefällen durchaus auch mehrere Ursachen erkannt werden könn(t)en. 

5. Maßnahmen ableiten
Der finale Schritt erfordert dann die Überprüfung der gewählten Hauptsache(n) auf Richtigkeit und Wirkung in Bezug auf die Problemstellung. Natürlich sind daraus dann die entsprechenden Maßnahmen und nächsten Schritte zur Ursachenbehebung abzuleiten. 


Als Fazit lässt sich festhalten, dass neben der flexiblen Anwendbarkeit ein großer Vorteil des Ishikawa-Diagramms die übersichtliche visuelle Darstellung ist, aus der sich ein besseres Verständnis der Zusammenhänge ergibt. Seine Grenzen findet das Diagramm jedoch bei komplexen Problemlagen. Hier kommt es schnell zu Unübersichtlichkeit. Auch lassen sich Beziehungen und zeitliche Abhängigkeiten nicht adäquat darstellen.

Bleiben Sie wissbegierig!


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