Kreislaufwirtschaft – Transformation zur zirkulären Wertschöpfung

Immer noch finden über 90 Prozent der weltweit verwendeten Rohstoffe nach ihrer Nutzung nicht den Weg zurück in den Wirtschaftskreislauf. Der daraus resultierende übergebührliche Verbrauch der endlichen natürlichen Ressourcen und die anfallenden enormen Abfallmengen führen damit zu sehr hohen Belastungen für unseren Planeten und sein Klima. 

Experten der Weltbank gehen auch weiterhin von einem Anstieg des weltweiten Abfallaufkommens aus. Sie erwarten – wenn sich die Entwicklung unverändert so fortsetzt – für das Jahr 2050 eine Abfallmenge von rund 3,4 Milliarden Tonnen. Im Jahr 2016 lag dieser Wert noch bei „nur“ 2,02 Milliarden Tonnen. Dabei wird dieser Abfall nach heutiger Lesart entsorgt und die in ihm schlummernden Rohstoffe dem Wirtschaftskreislauf dauerhaft entzogen. Dieser Umstand vergrößert den Bedarf nach Rohstoffnachschub enorm und eine gefährliche Spirale aus Ressourcenknappheit, Rohstoffnachfrage und
-gewinnung auf Kosten von Umwelt und Klima setzt sich in Gang. 
Um die dringend notwendige Trendwende zu erreichen, Ressourcen zu schonen und damit der Gefahr für unsere Lebensgrundlage, Ernährungssicherheit und biologische Vielfalt Einhalt zu gebieten oder diese zu minimieren, ist eine tiefgreifende Transformation der Abfallwirtschaft vom linearen zum zirkulären Wertschöpfungssystem notwendig. Die EU strebt daher bis 2050 das Erreichen einer kohlenstoffneutralen, ökologisch nachhaltigen und schadstofffreien Kreislaufwirtschaft an.


Lineare vs. zirkuläre Wertschöpfung


Eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft entkoppelt wirtschaftliches Wachstum vom Einsatz primärer Rohstoffe. Der Verbrauch endlicher Ressourcen reduziert sich, indem die Priorität auf die Wiederverwendung von Komponenten gelegt wird. Konsequente Kreislaufwirtschaft ist daher mit dem Gleichgewicht unserer Umwelt deutlich besser vereinbar und wirkt damit auf lange Sicht nachhaltig. Das lineare Wertschöpfungssystem mit seinen Elementen Rohstoffgewinnung, Produktion, Verkauf, Nutzung und Entsorgung muss langfristig dazu kommen, Rohstoffe, Materialien und Produkte möglichst lange im Wirtschaftskreislauf zu halten und sie so „zirkulieren“ zu lassen. Mit anderen Worten, die Wegwerfmentalität muss durchbrochen und durch vielfältige Nachnutzungskonzepte abgelöst werden. 

Während im linearen Wertschöpfungssystem die Produkte an ihrem Lebensende als Abfälle verbrannt oder deponiert werden, orientiert sich ein zirkuläres Wertschöpfungssystem anders. Produkte werden so entworfen bzw. konstruiert und entwickelt, dass sie möglichst langlebig, leicht reparierbar oder wieder- bzw. weiterverwertbar sind. Wenn parallel gewerbliche oder industrielle Abnehmer als auch private Verbraucher dazu gebracht werden können, den Einsatz bestimmter Materialien beziehungsweise Produkte hinsichtlich Art und Menge zu hinterfragen, ließe sich die Abfallmenge wesentlich reduzieren. 

Wie so oft im Leben ist allerdings auch auf dem Weg zur durchgängigen Kreislaufwirtschaft der erste Schritt der schwerste. Sei er auch noch so klein und auf den ersten Blick unbedeutend: Er muss gegangen werden, um die Strecke zu ebnen für zweite, dritte und vierte größere Schritte in der Transformation. Wichtige Impulsgeber zum Umdenken für Unternehmen sind deshalb neben zunehmenden Transparenzforderungen von Seiten der Verbraucher regulatorische Forderungen nach verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichten, in denen die Themen Ressourcenschonung, Abfallvermeidung oder umweltgerechte Entsorgung zwingende Bestandteile darstellen.

R-Prinzipien für die Transformation zur Kreislaufwirtschaft

Unternehmen und Organisationen, die ein Produkt- bzw. einen Produktionsprozess systematisch hinsichtlich der Transformation zur Kreislaufwirtschaft beleuchten wollen, sollten dazu die bewährten R-Prinzipien anwenden. Diese Prinzipien werden heute schon teilweise durch digitale Technologien unterstützt bzw. ermöglicht und in der Literatur mit verschiedenen R-Vokabeln hinterlegt. Beispielhaft sind nachfolgend sieben der wichtigsten R-Prinzipien aufgeführt: 

1. Rethink – Überdenken:
Taugen Produkt, Produktionsprozess und Geschäftsmodell zur Kreislaufwirtschaft? Gibt es Verbesserungspotentiale? 

2. Redesign – Neugestalten:
Welche Maßnahmen verlängern die Produktlebensdauer? Wie wird der Verwendungsprozess ressourceneffizient gestaltet? 

3. Reuse – Wiederverwenden:
Wie können hergestellte Produkte oder zumindest eine große Anzahl ihrer Komponenten wieder oder anders verwendet werden? 

4. Repair – Reparieren:
Sind bereits in der Designphase eines Produktes bereits Reparaturmöglichkeiten eingeplant? Kann der Nutzer das Produkt selbst reparieren? Stehen entsprechende Hilfsangebote zur Verfügung?
 
5. Remanufacture – Wiederaufbereiten:
Kann das Produkt wieder aufbereitet bzw. überholt werden? Sind für den Nutzer entsprechende Programme vorgesehen?
 
6. Reduce – Reduzieren:
Können Rohstoffe im Herstellungsprozess eingespart oder durch sinnvolle Alternativmaterialien ersetzt werden? 

7. Recover – Wiedergewinnen:
Können bestimmte Produktmaterialien wiedergewonnen werden?

Eine erste oberflächliche Betrachtung dieser R-Prinzipien und eine vorerst nur ansatzweise Beantwortung der hier gestellten Fragen zeigt bereits, welche Potenziale sich für Unternehmen und Organisationen ergeben, die einer durchgängigen Kreislaufwirtschaft offen gegenüber stehen und sich damit völlig neue Geschäftsmodelle erschließen wollen. 

Bleiben Sie wissbegierig.