Nachhaltig wirtschaften im Gesundheitswesen

Nachhaltigkeit ist ein Schlagwort, das momentan in aller Munde ist. Wenn von Nachhaltigkeit in Unternehmen und Organisationen gesprochen wird, sollte immer auf die drei Säulen der Nachhaltigkeit referenziert werden, was den Begriff einschränkt und auch klarer macht. Nach dem sog. Drei-Säulen-Modell werden die Säulen Ökologie, Wirtschaft und Soziales herangezogen, wenn es um die Beschäftigung mit Nachhaltigkeitszielen in der Organisation geht. Ökologische, ökonomische und soziale Aspekte stehen gleichrangig nebeneinander, da nachhaltige Entwicklung nur möglich ist, wenn umweltbezogene, wirtschaftliche und soziale Zielstellungen parallel und paritätisch verfolgt werden. Sie bedingen und beeinflussen einander. Mit anderen Worten: Nachhaltigkeit bezieht sich keineswegs nur auf die Verfolgung ökologischer Ziele. 


Bedeutung der drei Säulen der Nachhaltigkeit für die Pflege- und Gesundheitsbranche


Auch in der Pflege- und Gesundheitsbranche gilt das Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung. Ihm liegt die Vorstellung zugrunde, dass nachhaltige Entwicklung nur durch gleichzeitiges und gleichberechtigtes Umsetzen von ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielen eintreten kann.
Was bedeutet dies jedoch im Einzelnen? 

ÖKOLOGIE
Die Säule der ökologischen Nachhaltigkeit bezieht sich auf alle Aspekte der Umweltschonung und der Einsparung natürlicher Ressourcen. Es geht hier zum Beispiel um den bewussten Umgang mit Wasser, Energie und Rohstoffen. Schäden am Ökosystem sollen vermieden, Biodiversität gefördert, Emissionen soweit reduziert werden, dass sie ausgleichbar sind bzw. keine Schäden verursachen. Auch Gesichtspunkte der menschlichen Gesundheit spielen bei dieser Säule eine Rolle: Der Einsatz gesundheitsschädlicher bzw. -gefährdender Stoffe und Substanzen, zum Beispiel in Kosmetik oder Nahrungsmitteln, steht im Widerspruch zur ökologischen Nachhaltigkeit. 

SOZIALES
Die Säule der sozialen Nachhaltigkeit rückt den Menschen in den Mittelpunkt und fordert Gerechtigkeit, Sicherheit, faire Bezahlung, Wahrung von Arbeitnehmerinteressen sowie Möglichkeiten zur Aus- und Fortbildung und zur beruflichen Entwicklung. Ebenso fällt das gemeinwohlorientierte Handeln von Unternehmen und Organisationen unter diese Säule. 

ÖKONOMIE
Die Säule Ökonomie konzentriert sich auf das nachhaltige Wirtschaften als langfristige Strategie. Fakt ist, dass Unternehmen und Organisationen ausreichend Gewinn erwirtschaften müssen, um überhaupt entsprechende Investitionen tätigen zu können. Zeitgemäße Maschinen, ausgezeichnete Rohstoffe, angemessene Mitarbeiterbezahlung und aktuelle Weiterbildungen wollen schließlich finanziert sein. 

Dass Nachhaltigkeitsbetrachtungen auch in der Gesundheits- und Pflegebranche unter Berücksichtigung der drei Säulen durchaus angezeigt sind, ist nicht von der Hand zu weisen. Gesundheitseinrichtungen stehen wie die gesamte Wirtschaft vor der Herausforderung, nachhaltiger zu werden und Ressourcen zu sparen. Hinzu kommt die sich aus der Branche selbst ergebende große soziale Verantwortung für Gesundheit und Wohlergehen. 


Nachhaltiges Handeln und Wirtschaften im Gesundheitssektor kann einen entscheidenden Beitrag für den Klima- und Umweltschutz und damit zum Schutz der Gesundheit und dem Allgemeinwohl leisten. Wie groß der Einfluss des Gesundheitssektors zum Beispiel beim Ausstoß von Treibhausgasen ist, berichtet die 
Studie "Health care climate footprint report" aus dem Jahr 2019. Sie zeigt auf, dass der weltweite Gesundheitssektor 4,4 % der globalen CO2-Nettoemissionen im Jahr verursacht. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, bedeutet dies: Wenn der globale Gesundheitssektor ein Land wäre, stünde er auf dem fünften Platz der größten weltweiten Emittenten von Klimagasen. Auf Deutschland bezogen verursacht die Gesundheits- und Pflegebranche 5,2 % der nationalen Emissionen. Hauptkomponenten sind die Herstellung von Medizinprodukten (und die damit verbundenen Lieferketten), direkte Emissionen aus Gesundheitseinrichtungen sowie indirekte Emissionen durch Strom, Wärme und Kühlung. 

Allein dieser umwelt- und klimabezogene Umstand bietet enormes Potenzial, nachhaltiger zu agieren und direkten wie indirekten Treibhausgasausstoß zu reduzieren. Schon kleine Maßnahmen können enorme Effekte der Ressourcenschonung bzw. -einsparung haben. Zu denken ist hier an: 
  • LED-Beleuchtung, Bewegungsmelder in Umkleiden, Toiletten und Lagerräumen
  • automatische Abschaltung von PCs und anderen elektronischen Geräten
  • Heizungsanlage temperaturabhängig regeln
  • Wasch- und Spülmaschinen voll auslasten
  • Kühlkapazitäten optimal ausnutzen
  • Klimatisierung witterungsabhängig steuern, Verschattungsmöglichkeiten nutzen, Lüftungsregime einhalten 
Neben diesen beispielhaften Maßnahmen sind natürlich weitere Schritte hin zu mehr ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit im Pflege- und Klinikalltag möglich:
  • Wassermanagement und Verbrauchsreduzierung bei Patienten- und Raumpflege
  • Reduzierung des Papierverbrauchs, Umstellung auf digitale Möglichkeiten
  • Förderung der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln für den Arbeitsweg
  • Umstellung des Fuhrparks auf umweltfreundliche Transportmittel
  • Optimierung des Abfallmanagements: Nutzung von Mehrweg (wenn möglich), Mülltrennung und Rückführung in den Stoffkreislauf (wenn möglich)
  • regionale Beschaffung von Lebensmitteln und Verbrauchsmaterial
  • Anlegen von Blühstreifen und Fassadenbegrünung
  • Qualifikation des Personals hinsichtlich ressourcenschonendem Arbeiten und als Multiplikator für nachhaltigkeitsbezogene Lerninhalte
  • Förderung der Mitarbeiterkompetenzen
  • Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements

Vorteile eines Nachhaltigkeitskonzepts


Um nachhaltiges Handeln in die Unternehmensstrategie im Gesundheitswesen zu überführen, sind klare Vorgaben der Unternehmensführung ebenso notwendig wie engagiert und bewusst handelndes Personal. Es ist zu empfehlen, ein Nachhaltigkeitskonzept in den Einrichtungen zu entwickeln, dieses in die Prozesse zu integrieren und so das Bewusstsein für nachhaltiges Handeln zu fördern. Arbeitgeber schaffen durch dieses Vorgehen die optimale Grundlage für ein möglichst nachhaltiges Handeln ihres Personals und stellen sicher, dass Ideen zur Verbesserung kommuniziert werden. So erreichen Gesundheitseinrichtungen, dass sie im Sinne der sogenannten Corporate Social Responsibility (CSR), Verantwortung für den Einfluss, den ihre Arbeit auf Gesellschaft und Umwelt hat, übernehmen. 
Auch der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) fordert nachhaltigeres Handeln im Gesundheitswesen. Unter dem Titel „Nachhaltiges Handeln in der Pflege ist nötig und möglich“ veröffentlichte der DBfK im April 2023 ein Positionspapier, das die Notwendigkeit einer Transformation des Gesundheitssystems zu mehr Klimasensibilität und zu nachhaltigem Handeln betont. 

Eine Nachhaltigkeitsstrategie in Gesundheitseinrichtungen kann dazu beitragen, dass Wohlbefinden der Patienten und des Personals steigen und sich zugleich die Umweltbelastungen minimieren. Darüber hinaus ist es möglich, die Nachhaltigkeitsstrategie vorteilhaft bei der Mitarbeitersuche einzusetzen. Bei der großen Anzahl an Stellenangeboten lassen sich Kandidaten bei der Entscheidung für eine Bewerbung oftmals von persönlichen Bedürfnissen leiten, wozu gehören kann, dass der künftige Arbeitgeber nachhaltig agiert. Hier bestehen für Gesundheitseinrichtungen gute Möglichkeiten zur Erhöhung des Unternehmensimages und der Arbeitgeberattraktivität. Nicht zu vernachlässigen ist hier auch der Punkt, dass sich Patienten für verantwortungsbewusste Einrichtungen entscheiden. Hinzu kommt, dass Einrichtungen, die über ein Nachhaltigkeitskonzept verfügen, auch optimal auf die anstehende gesetzliche Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gerüstet sind. Insbesondere für große Häuser ist frühzeitige Vorbereitung und Prozessimplementierung notwendig, um das erste verpflichtende Berichtsjahr 2025 mit Vergleichszahlen untermauern zu können. 

Nicht zuletzt ist festzuhalten, dass auch wenn in Nachhaltigkeitsinitiativen zu Beginn investiert werden muss, diese später zu großen Kosteneinsparungen führen. Anzuführen sind hier gesenkte Betriebskosten durch Reduzierung von Energie- und Wasserverbrauch, optimierte Abfallwirtschaft, Einsatz regionaler oder wiederverwendbarer Produkte und effiziente Ressourcennutzung. 


Bleiben Sie wissbegierig!